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Hautgifte der Schwarzkröten (Melanophryniscus)

Eine noch unbeschriebene Melanophryniscus-Art aus Südbrasilien. Foto: Axel KwetDie meisten Amphibienarten produzieren starke Hautgifte. Bei einigen Arten, zum Beispiel Salamandern der Gattungen Notophtalmus und Taricha, aber auch bei den Stummelfußkröten der Gattung Atelopus, wurde sogar schon Tetrodotoxin nachgewiesen, das tödliche Gift der Kugelfische. Diesem Gift fallen jährlich zahlreiche Menschen zum Opfer, welche die hohe Kunst der gefahrlosen Zubereitung von Fugu nicht beherrschen. Eine Gruppe von Froschlurchen, die ebenfalls im Verdacht stand, Tetrodotoxin zu produzieren, ist im südlichen Brasilien, in Uruguay und Teilen Argentiniens verbreitet. Es handelt sich um die Schwarzkröten der Gattung Melanophryniscus. Schon die auffällige, rot-schwarz oder orangerot gefärbte Unterseite dieser kleinen, oberseits unscheinbar schwarzen oder braunen Kröten signalisiert möglichen Feinden "Gefahr". Erste Untersuchungen ergaben zwar, dass diese Tiere vermutlich kein Tetrodotoxin enthalten, aber dennoch hoch toxisch sind. In pharmakologischer Hinsicht sind Melanophryniscus-Arten äußerst interessant, denn nicht wenige Medikamente, die heute im Kampf gegen menschliche Krankheiten eingesetzt werden, stammen ursprünglich aus Tieren mit giftigen Körpersubstanzen, wie z. B. Fröschen.
[Froschgifte als Medizin]

Allgemein enthält die Haut der Froschlurche ein Cocktail höchst unterschiedlicher Substanzen mit antibiotischer, antiviraler oder neurologischer Wirkung. Frösche und Kröten sind damit Produktionsstätten einer Vielzahl chemischer Stoffe, aus denen sich wertvolle Pharmazeutika gewinnen lassen könnten. Ein kürzlich in der Haut von australischen Laubfröschen nachgewiesenes, schmerzstillendes Neuropeptid besitzt z.B. eine 2000-fach stärkere Wirkung als Morphin und ein weiteres Peptid wirkt nicht nur gegen eine Reihe gefährlicher Bakterien, sondern auch gegen Herpes- und Aidsviren. Amerikanische und australische Wissenschaftler erhoffen sich von Fröschen gar Mittel zur Krebstherapie. Mit welchen Überraschungen bei den seltenen und meist nur in kleinen Gebieten verbreiteten Schwarzkröten der Gattung Melanophryniscus zu rechnen ist, weiß im Moment noch niemand.

Im Nordosten des sübrasilianischen Bundesstaats Rio Grande do Sul leben mindestens sechs, vermutlich aber bis zu zehn Arten dieser aus etwa Spezies Arten bestehenden Gattung (18 Schwarzkröten sind im Moment wissenschaftlich beschrieben, eine Reihe weiterer Arten ist noch unbeschrieben). Die wegen ihrer ungewöhnlichen Färbung vielleicht auffallendste Art ist die bisher nur von zwei Fundorten am südlichen Rand des Araukarienwaldplateaus bekannt gewordene grüne Schwarzkröte Melanophryniscus cambaraensis. Diese Art besitzt eine charakteristische Schnauzenaufwölbung, deren Funktion noch unklar ist, sowie eine im Gegensatz zu allen dorsal schwarz oder dunkelbraun gefärbten Verwandten leuchtend grüne Oberseite. Ausschließlich nach starken Sommerregen tauchen diese 3-4 cm großen Kröten - in der Regel nur einmal pro Jahr, dann aber in großen Individuenzahlen - an temporären Gewässern auf, um darin abzulaichen und kurz darauf spurlos zu verschwinden. Vermutlich leben die Tiere dann unterirdisch, wobei der Schnauzenhöcker vielleicht eine Anpassung an die grabende Lebensweise ist. Mit Melanophryniscus tumifrons und M. atroluteus sind noch zwei weitere Schwarzkröten auf dem Plateau heimisch, während Melanophryniscus dorsalis und M. macrogranulosus endemisch am Fuß des Planalto am Strand leben, nur wenige Hundert Meter Luftlinie entfernt, aber von 1000 m hohen Felswänden getrennt. Direkt an den Grenzen der Nachbarstaaten sind weitere Arten nachgewiesen, die vermutlich ebenfalls in Rio Grande do Sul vorkommen, z.B. Melanophryniscus devincenzii (Uruguay) oder die beiden kürzlich beschriebenen M. simplex und M. spectabilis (Santa Catarina). Über all diese Arten ist noch kaum etwas bekannt. Melanophryniscus macrogranulosus wurde seit seiner Entdeckung vor über 30 Jahren nie wieder angetroffen und auch eine gezielte Nachsuche an der einzigen, mittlerweile von Strandbauten zerstörten Lokalität ergab keinen Erfolg. Diese Art könnte also bereits ausgestorben sein. Fotos dieser Arten finden sich im Album.
[Rio Grande do Sul - Amphibien]